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Die Schneeballschlacht

Für meinen diesjährigen Beitrag zum Autoren-Adventskalender habe ich eine Leseprobe aus meinem aktuellen Buch Mable Cove - Herzenswunsch mitgebracht. Dee und Corey liefern sich eine Schneeballschlacht. Es hat mir so wahnsinnig viel Spass gemacht, diese Szene zu schreiben, und hoffe, dass sie euch ebenso gut gefällt!

 

Leseprobe

Ich greife nach meiner Jacke und schlüpfe hinein. »Komm. Uns fehlen noch ein paar Birken.«

Für einen Moment wirkt er verwirrt, doch dann fallen Steine laut wie ein Felssturz von seinem Herzen. Er nickt. »Ich lege noch ein paar Scheite nach.«

Und ich nutze die Zeit, meine rasenden Gedanken zu beruhigen, als ich an die frische Luft trete. Ich brauche einen Moment, um mich selbst nicht zu verlieren. Gerade bricht eine Wand ein, während sich die nächste aufbaut.

Die Sonne versteckt sich hinter dicken Schleierwolken. Dem Grau ist anzusehen, dass die Nacht bald über uns hereinbricht. Der Winter hat nicht nur die Berge, sondern auch unsere Tage schon längst erreicht.

Ich tauche meine Finger in das kalte Weiss, das auf dem Fenstersims liegt, und beobachte, wie die Eiskristalle schmelzen. Eiskaltes Wasser tröpfelt über meine Fingerkuppe. Als gäbe mir der Winter neue Energie, bücke ich mich und fasse genug Schnee, um einen Ball zu formen. Ich werfe ihn in die Luft und fange ihn. Dann hole ich Anlauf, ziele mit der Linken und werfe ihn so weit weg, wie ich nur kann. Der Schneeball saust durch die Luft und verschwindet irgendwo im Grau der Wolken und im Weiss des Schnees, dessen Flecken sich kaum mehr von den Felsen abheben.

»Guter Wurf.«

Überrascht drehe ich mich zu Corey um. Ich habe ihn nicht kommen hören. »Danke.« Ich bücke mich abermals, um einen neuen Schneeball zu formen. »Ich glaube aber, das kann ich noch besser.«

Er blickt in die Ferne, als würden ihm tausend Gedanken durch den Kopf schiessen, und entfernt sich langsam von mir. Ich ziele auf seinen Rücken, unterdrücke ein Kichern und lasse den Schneeball fliegen.

Mit dem dumpfen Aufschlag geht ein heller Fleck auf seiner Jacke einher. Wie in Zeitlupe dreht sich Corey zu mir um. Schon fliegt der nächste Ball in seine Richtung. Er wirkt so verdattert und überrumpelt, dass ich das Lachen nicht mehr länger zurückhalten kann.

Plötzlich kommt Leben in ihn. Er bückt sich und formt in Windeseile einen Schneeball. »Na warte!« Noch während er spricht, zielt er auf mich. Wie eine Kanonenkugel schiesst der Ball auf mich zu. Ich will ausweichen, bin zu langsam, und kassiere einen Treffer an der Schulter.

»Hey!«, rufe ich.

Corey lacht und wirft einen weiteren Schneeball. Diesmal schaffe ich es, auszuweichen, forme selbst einen weiteren und ziele. Er fliegt weit über ihn hinweg. Wieder trifft er mich, lacht, ich wehre mich.

Die Bälle schiessen hin und her. Meine Hände werden kalt und taub, doch ich höre nicht auf. Immer wieder versuche ich, ihn zu treffen. Er weicht aus, ich springe zur Seite. Ein Lachen nach dem anderen bricht aus mir hervor. Ich kreische, er jubelt, und ich treffe ihn mitten auf die Wange.

Mit einem Brummen macht er einen Satz nach vorn und rennt auf mich zu. Das Leuchten seiner Augen ist hell und so voller Wärme, dass ich für einen Moment glaube, mich darin zu verlieren. Dann hebt mich Corey hoch und legt mich in den Schnee. An meinen Beinen schmilzt er und tränkt die Jeans.

Lachend rangeln wir. Beide versuchen, die Oberhand zu gewinnen, und irgendwann sitze ich tatsächlich auf seiner Mitte. Ich halte seine Handgelenke fest, doch als mir ein Jubelschrei entweicht, windet er sich aus meinem Griff. Flink schlingt er die Arme um mich und dreht sich mit mir, sodass ich seitlich unter ihm zum Liegen komme.

Er lacht nicht mehr, als er mit den Blicken die meinen sucht, doch das Glück tanzt in seinen Augen. Bei jedem Atemzug streicht die warme Luft über meine Wange. Ein sanftes Lächeln umspielt seine Lippen. Sein Gesicht ist nur ein paar Zentimeter von meinem entfernt. Wenn ich wollte, könnte ich ihn jetzt küssen. Vergessen, was meine Angst ist, und auch vergessen, warum wir hier sind.

Ob er mich abweisen würde?

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Kommentare: 1
  • #1

    Autor Michael Kothe (Donnerstag, 07 Dezember 2023 09:12)

    Hallo, Andrea,

    danke für die romantische, einfühlsam geschriebene Szene! Passt zur Vorweihnachtszeit, obwohl mit derzeit München und Umgebung mit der Eiseskälte eher gestohlen bleiben können.

    LG. Michael