Monsterlina schnieft und schneuzt sich. Sie erwischt nicht alles und ein Teil landet auf meinem Kuschelpullover. Ich verdrehe die Augen, sage aber nichts. Ich bin noch immer sprachlos.
Sprachlos von dem, was da auf dem Bildschirm steht. Weil es mich tief im Herzen berührt und nicht nur Monsterlina die Tränen in die Augen treibt. Selbst Monsterchen ist erstaunlich ruhig.
Ein Blick zu ihm bestätigt mir: Auch er kann sich der Geschichte nicht verschliessen. Soll er auch nicht. Immerhin war er es, der sich mit Drama, Baby wünschte.
Monsterchen ist der Erste, der spricht. "Ich hatte schon vergessen, dass wir es so geschrieben haben."
Wir. Aha. Dabei hat er gemütlich seine Kekse gefuttert und Monsterlina mit bösen Blicken in Schach gehalten, während ich heulend Szene für Szene getippt habe.
Monsterlina zieht die Nase hoch. "Ich weiss gar nicht, wieso der Verlag es nicht wollte. Es ist so wunderschön."
"Die haben zu wenig gelesen", moniert Monsterchen.
Vielleicht hat er ja recht. Vielleicht sollte ich schneller einsteigen, die Charaktere eher aufeinander treffen lassen. Doch ich glaube, die beiden brauchen Zeit - auch in der Geschichte. Nela und Corvin sind etwas ganz Besonderes für mich. Pusteblumen, die ihre Samen nicht ziehen lassen dürfen. Gläserne Federn im Wind, zerbrechlich und unglaublich verletzlich.
Bei dem Gedanken werde ich schon wieder traurig. Entschlossen lege ich die Hände auf die Tastatur, formuliere einen Satz um und schleife, bis die Pusteblumen-Schirmchen fliegen dürfen.
"Was ist diesmal anders?", fragt Monsterchen, als ich mit einem gefüllten Krug Wasser zum Tisch zurückkehre.
Verwirrt blicke ich das blaue Monster mit den Krümeln im Fell an.
"Stimmt, irgendetwas ist neu. Du bist so tief drin, gleich am Anfang. Die Überarbeitung macht dir sogar Spass, vielleicht mehr als das Schreiben. Und du bist noch wet weg vom Ende und deinem Stalldrang", kommt Monsterlina ihm zu Hilfe.
Nun bin ich noch verwirrter. Die beiden arbeiten Hand in Hand? "Keine Ahnung."
"Hm ..." Monsterchen legt Sherlock-Holmes-mässig die Hand ans Kinn. Nur die Pfeife fehlte. "Du hast so gut geplottet wie noch nie."
Ich nicke. Das stimmt. So einen detaillierten Plan hatte ich vor dem Schreiben noch nie. "Aber das ist die Überarbeitung."
"Du liebst die beiden einfach!", jubelt Monsterlina, wird aber gleich wieder ernst. "Deshalb ist es eine Schande, sie so leiden zu lassen."
"Ich habe ein Happy End versprochen und das hast du auch bekommen", verteidige ich mich. Aber es stimmt, es ist etwas anders als die letzten Male.
Monsterchen nickt. "Und die ersten Überarbeitungen hast du direkt im Anschluss gemacht, nicht erst ein paar Wochen oder gar Monate später."
Vielleicht hat das auch seinen Grund, wieso es mir so leicht von der Hand geht. Vierzig Seiten und mehr an einem Abend sind im Moment Standart. Und ich möchte um 11 Uhr abends weitermachen, obwohl ich müde bin und dringend ins Bett muss. "Ich glaube, ich habe mich neu verliebt."
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