Ich schreibe schon bald mein halbes Leben.
Gut, genau genommen habe ich damit in der ersten Klasse angefangen. Dann wäre es mehr als ein halbes Leben.
Meine Liebe zu Büchern und Geschichten habe ich in der dritten Klasse entdeckt. Seither hat sie mich voll im Griff. ;-)
Seit ich Geschichten schreibe, bin ich immer mal wieder hingefallen. Manchmal realisierte ich es erst gar nicht, manchmal schon, bevor ich gestolpert bin - aber es knallt mich regelmässig wieder auf den Latz.
Aktuelles Problem: Kurzgeschichte
Für eine Ausschreibung - die klingt echt gut! - wollte ich eine Kurzgeschichte einreichen. Gerade hat es mit einer anderen kurzen Geschichte so wunderbar geklappt, da wollte ich auch die ausprobieren.
Da war dieses Gefühl, dieser Zauber der Geschichte. Ich wusste, in welche Richtung sie gehen sollte, was ich will, was die Protagonistin will, dazu ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. (Das ist übrigens der Beginn jeder Geschichte. XD)
Der Start lief flüssig, der Anfang ist gelungen.
Doch irgendwann wollte ich nicht mehr schreiben.
An diesen Punkt komme ich bei fast jeder Geschichte. Es gibt diesen Moment, in dem man die ersten grossen Fragen lüften muss, bei denen man sich noch nicht sicher ist. Man muss den Lesern und sich selbst endlich etwas zugestehen, den Charakteren einen Schubser geben, sich zwischen all den unzähligen Varianten entscheiden. Denn sind wir ehrlich, eine Geschichte könnte in jede Richtung gehen.
Also schrieb ich weiter. Nach und nach verlor ich die Freude daran. Ich zwang mich weiter. "Nur noch 4000 Wörter." Das ist rund ein Drittel. Da geht es normalerweise wieder aufwärts - oder ist längst wieder aufwärts gegangen!
Ich nenne das Gefühl, das mich gegen das Ende der Geschichte ereilt, Stalldrang. Man merkt, es ist bald zu Ende, will nach Hause, und schreibt einfach weiter. Wie ein Pferd, das vom Ausritt zurückkommt. XD
Das kam nicht. Auch 1000 Wörter später nicht. Und 1000 Wörter später auch nicht.
Ich habe einige Tage gefaulenzt, weil ich nicht schreiben wollte.
Dann habe ich einige Abende einen Bogen um den Laptop gemacht. Irgendwann habe ich mich durch all die "ich will in diese Antho" und "ich muss bekannter werden"-Schichten gegraben und mich gefragt, was der Grund für meine nicht vorhandene Lust ist.
Es war nicht mehr meine Geschichte. Sie hatte nicht das Gefühl, nicht den Zauber, den ich wollte. Irgendwo ist sie in die falsche Richtung abgebogen, und ich weiss nicht wo.
Ich bin gescheitert. Wenn mir in den nächsten zwei Wochen nicht noch eine schnell umsetzbare Idee über den Weg rennt, die mich von Anfang bis Ende wunderbar packt, dann werde ich an dieser Ausschreibung nicht teilnehmen.
Und weisst du was? Es ist in Ordnung. Es geht mir besser als letzten Donnerstag, als ich mich zum Ende aufraffen wollte und es wieder nicht geschafft habe.
Was ich daraus gelernt habe
Diese Erfahrung hat mich an meine Anfänge erinnert. Beim Gedankenleser gab es eine Szene, etwa zehn Seiten, an denen ich genauso gescheitert bin. Sie waren für die Geschichte einfach unnötig und langweilig. Dennoch habe ich mich schwer getan, sie zu löschen. Aber ich habe es getan.
Damals habe ich oft von der "Ideendichte" gesprochen. Wenn ich genug Ideen für die nächste Szene habe, kann ich weiterschreiben.
Wenn ich genug Ideen für die Kurzgeschichte habe, kann ich sie schreiben.
Bei dieser hatte ich es nicht.
Dennoch ist es falsch, immer dann eine Geschichte abzubrechen, wenn sich das Schreiben träge anfühlt. Es gibt diese Mitte, in der man noch in Geheimnissen und unbekannten Gefahren schwimmt, in der es da und dort einen Nebel gibt. In dieser Mitte fühlt sich die Geschichte auch nicht mehr "neu" an. Der erste Zauber ist verflogen. Viele Autoren erzählen davon, dass dieser Teil schwer ist. Manchmal habe ich auch das Gefühl, kaum weiterzukommen, weil noch das und das und das geschehen muss.
Doch es gibt auch die anderen, für die die Zeit einfach noch nicht reif ist. Für die nicht genügend Ideen da sind, obwohl man die Grundidee sensationell bombastisch glitzernd findet.
Vielleicht werde ich meine Perlentaucherin eines Tages zu Ende schreiben. Vielleicht auch nicht. Für mich ist beides in Ordnung. ;-)
Und nun kann ich befreiter an den Projekten arbeiten, die mir ebenfalls wichtig sind und mich erfüllen! <3
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