Heute erlaube ich mir eine kurze Vorbemerkung: Dieser Artikel soll keine Empfehlung an sich sein, sondern ist ein Bericht, der meine persönlichen Erfahrungen bei der Veröffentlichung von E-Books zusammenfasst.
Verlag oder Selfpublishing?
Zunächst steht die Frage an, ob man das Buch über einen Verlag herausbringen möchte oder es auf eigene Faust im Selfpublishing veröffentlicht. Beide Wege haben ihre Vor- und Nachteile und ich bin für beides offen, auch wenn ich bisher nur im Selfpublishing veröffentlicht habe.
Falls du dich auch für das Selfpublishing entscheidest, kommt irgendwann der Punkt, an dem du dich entscheiden musst, wo du veröffentlichen möchtest. Es gibt Distributoren (z.B. BoD, epubli), welche eine hochgeladene Datei auch als E-Book auf den verschiedenen Plattformen anbieten. Hinzu kommen Amazon und Tolino Media, die beiden grossen Spieler im Selfpublishing um deutschsprachigen Raum.
Die Voraussetzungen
Als Voraussetzung sehe ich für mich persönlich ein Buch mit professionellem Cover, Lektorat und Korrektorat. Ich kenne auch Autoren und Autorinnen, die auf Teile davon oder auf alles verzichten und weit erfolgreicher sind als ich. Aber das muss jeder und jede für sich selbst entscheiden.
Bei Amazon kann man sein E-Book einstellen und zum Verkauf anbieten. Hier gibt es die Möglichkeit von Kindle Unlimited (KU), einem Leihprogramm von Amazon, bei dem Leser für knapp 10€ im Monat so viele Bücher ausleihen und lesen können, wie in diesem Programm angemeldet sind. Jede Leihe zählt als Kauf im Ranking. Abgerechnet wird nach Anzahl gelesener Seiten, die Vergütung pro Seite wechselt monatlich. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das E-Book nur bei Amazon erhältlich ist.
Auch bei Tolino Media kann man sein E-Book genau wie bei Amazon zum Verkauf anbieten. Tolino selbst ist in diesem Fall keine Verkaufsplattform, sondern "sammelt" die E-Books und verteilt sie an die verschiedenen Shops der Tolino-Allianz (Thalia, Weltbild, Hugendubel, ...). Tolino hat ebenfalls ein Leihprogramm, in dem durch Tolino ausgewählte Titel zusätzlich beworben werden. Meldet man sich früh genug beim Marketing-Team von Tolino und fragt nach Werbeplätzen, werden dem Buch einige zugewiesen - kostenlos.
Bei beiden Anbietern ist das Hochladen und Veröffentlichen einfach. Man muss also weder technisch besonders begabt sein noch sich seitenweise in Handbücher einlesen. ;-) Die Vergütung ist ähnlich: Bei Amazon erhält man 35% bei Verkaufspreisen von unter 2,99€ oder über 9,99€, dazwischen liegt das Autorenhonorar bei 70%. Bei Tolino erhält der Autor 40% des Erlöses bei Büchern, die weniger als 2,99€ kosten, bei E-Books ab 2,99€ bekommt er 70%. Bei allen wird zunächst noch die Mehrwertsteuer abgezogen.
Meine Erfahrungen
Aufgrund der vielen positiven Erfahrungen mit Amazon und seinem KU-Programm habe ich mich am Anfang dafür entschieden, meine E-Books nur bei Amazon anzubieten. Mit meinem ersten Buch lief es die Wochen direkt nach der Veröffentlichung auch nicht schlecht, doch bald nahm das Interesse am Roman rapide ab - auch mit KU. Das Buch wurde bei weitem nicht so oft geliehen/gelesen wie gekauft. Tagelang hatte ich gar keine Leihen und Käufe auch fast keine. Ich konnte also jeweils sehen, ob der, der das Buch geliehen hat, es auch zu Ende gelesen hat. ;-)
Für das zweite Buch suchte ich also nach einer anderen Möglichkeit. Ich hatte ja schon immer im Hinterkopf, dass ich "irgendwann" auch bei Tolino veröffentlichen möchte, damit die meisten E-Book-Leser auch die Gelegenheit erhalten, es im für sie richtigen Format zu lesen. Deshalb habe ich es ohne Umschweife nicht nur bei Amazon, sondern auch bei Tolino hochgeladen und die Marketingabteilung frühzeitig informiert.
Was dann geschah, kam einem Märchen gleich (nein, ich bin keine Bestsellerautorin): Jeden Tag schaffte das zweite E-Book zwischen 10 und 20 Verkäufen. In einem Onlineshop kletterte das Buch sogar auf Rang 76 im Gesamtranking!
Wenige Wochen später zog auch das erste Buch bei Tolino ein, ebenfalls mit einer beworbenen Preisaktion. Es kam nicht ganz so gut an wie das zweite, dennoch generierte es in den ersten paar Tagen gleich viel Verkäufe wie bei Amazon in einem halben Jahr mit den Leihen zusammen.
Ein halbes Jahr nach meiner zweiten Veröffentlichung sollten Buch Nummer drei und vier erscheinen. Die Gedanken an KU waren auch hier immer wieder präsent, denn neue Bücher bedeuten auch Werbung für die älteren Bücher. Ich hoffte, durch insgesamt vier Bücher mehr KU-Leser anzulocken, da jedes Buch eine Chance ist, dass neue Leser es entdecken. Gefällt ihnen das Buch, steigt die Chance, dass sie auch zu einem älteren greifen.
So die Theorie. Also habe ich die beiden E-Books bei Tolino rausgenommen und bei KU eingestellt. In der Praxis waren die Zahlen ernüchternd. Wenige gelesene Seiten, kein Anziehen der älteren Bücher … Da Buch Nummer 3 zu einer Trilogie gehörte, die ich zehn Monate später abschloss, zögerte ich noch mit dem Wechsel zurück zu Tolino. Wenn die Reihe erst abgeschlossen war … Doch auch dadurch änderte sich nichts. Wenige Käufe, wenige gelesene Seiten, selbst nach sieben veröffentlichten Büchern und guten Rezensionen. Dass die älteren Bücher vermehrt gekauft werden, weil die neueren gefallen, konnte ich nicht wirklich beobachten.
Ich entschloss mich, ab sofort nicht mehr bei Amazon allein zu veröffentlichen, sondern Amazon und Tolino immer gleichzeitig zu beliefern. Nach und nach ziehen meine Bücher, die ich bei Amazon allein und damit im KU-Programm hatte, wieder bei Tolino ein. Ich fühle mich wohl mit diesem Schritt, weil die Betreuung durch das Tolino-Team einfach sensationell ist. Zudem sprechen die Verkaufszahlen eine eindeutige Sprache. In gerade insgesamt zehn Monaten habe ich dort gleich viel eingenommen wie bei Amazon in fast zweieinhalb Jahren.
Eine uneingeschränkte Empfehlung?
Nein, nicht uneingeschränkt. Ich kenne deutlich mehr erfolgreiche Autorinnen bei Amazon als bei Amazon und Tolino. Für sie rechnet der Vorteil durch KU, viele nehmen gar 80% oder mehr durch die Leihen ein. Wäre es bei mir so, würde ich auch nicht darauf verzichten. ;-)
Meine Erfahrungen beschränken sich hauptsächlich auf mich selbst, sind also alles andere als repräsentativ. Viele Autoren und Autorinnen haben ihre bei Tolino eingestellten E-Books auch wieder rausgenommen, weil es sich für sie einfach nicht gerechnet hat. Doch falls jemand möglichst viele Leser bedienen möchte oder bei Amazon praktisch keine gelesene Seiten über KU hat, für den könnte Tolino eine Alternative sein.
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