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Alex und der Wolf

Und wieder ist es soweit: Der Autoren-Adventskalender geht in eine neue Runde! <3 Die Geschichte von Alex und dem Wolf ist mein Beitrag dazu. ;-)


Der Schneehase Alex Hoppel streckt seine weiße Nase in die Luft und schnuppert. Vielleicht kann er Mama oder Papa wittern. Oder seine Freunde. Er hat mit ihnen Verstecken gespielt und ist gerannt, soweit er nur hat rennen können. Im Wald ist er unter einen Asthaufen gekrochen, doch nun ist es dunkel und sein Freund hat ihn immer noch nicht gefunden.

Alex stellt sich auf die Hinterbeine, um weiter sehen zu können. Von seinen Freunden fehlt jede Spur, und er kann sich nicht an den Heimweg erinnern. Überall um ihn herum liegt Schnee, der im Mondlicht glitzert. Die Luft riecht nach Winter und ist kalt. Wenigstens hält sein Fell ihn warm. Aber er hat ein wenig Angst, denn er war noch nie allein im Dunkeln.

Vorsichtig hüpft er in eine Richtung. Geht es dort nach Hause? Er bleibt stehen und hüpft zurück. Als er zum Himmel hinaufsieht, entdeckt er eine Sternschnuppe! Alex schließt die Augen fest und wünscht sich etwas. »Ich möchte nach Hause. Ich möchte nach Hause«, flüstert er.

Er öffnet die Augen und wartet. Plötzlich blinkt ein Stern hell auf. Vielleicht will er ihm sagen, dass er dorthin gehen muss. Wieder blinzelt der Stern.

Alex macht sich auf den Weg. Wie ein Blitz rennt er durch den weichen Schnee, sodass an seinen Seiten winzige Flocken aufwirbeln. Seine Ohren sind dabei ganz fest an den Körper gepresst.

Als er ein kleines Waldstück erreicht, wird er langsamer. Im Wald können sich gefährliche Tiere verstecken. Füchse zum Beispiel. Also hoppelt er vorsichtig zwischen den Bäumen hinab zum kleinen Bach, der zu hellblauen Eiszapfen gefroren ist.

Gerade, als Alex über das Eis hüpfen will, sieht er einen Wolf auf der anderen Seite des Bachs. Alex bleibt vor Angst fast das Herz in der Brust stehen. Der Wolf sitzt und beobachtet ihn, aber er greift nicht an. Schließlich leckt sich der Wolf über seine Nase. »Hallo. Ich bin Bruno, der Wolf.«

Alex zittert. »Mama sagt, ich darf nicht mit Wölfen sprechen.«

Bruno dreht den Kopf ein bisschen. »Ich bin ein lieber Wolf. Ich fresse nur Gras. Und Blätter.« Er hebt eine Pfote an. »Aber als ich unter dem Schnee nach Wurzeln suchen wollte, bin ich auf einen Dorn getreten. Nun kann ich nicht weitergehen und habe Durst.« Er jault leise, sodass Alex die Angst vor ihm ein bisschen verliert.

»Wenn du Durst hast, kannst du den Schnee in den Mund nehmen. Schnee ist gefrorenes Wasser.« Alex kommt sich richtig groß vor, dass er einem Wolf so einen guten Tipp geben kann.

Bruno sieht ihn skeptisch an. Als Alex es vormacht und die Schnauze in den Schnee taucht, macht es ihm der Wolf nach. Beide lassen einander nicht aus den Augen. Der Wolf füllt sein mächtiges Maul noch zwei Mal mit Schnee, und Alex schaut ihm stolz dabei zu. »Hat dir niemand gesagt, dass Schnee eigentlich Wasser ist?«

»Nein«, antwortet der Wolf. »Mama, Papa und meine Freunde wollen, dass ich Tiere jage. Sie sagen, ich sei kein richtiger Wolf, wenn ich keine Tiere esse.« Traurig seufzt er.

»Für mich bist du aber ein richtiger Wolf. Deine Zähne machen mir Angst.« Und das tun sie immer noch, obwohl er sich schon ein bisschen an Bruno gewöhnt hat. »Wir können ja Freunde sein. Dann sind wir beide nicht mehr allein. Und ich mag Wölfe lieber, die keine Hasen fressen«, gesteht Alex.

Bruno nickt. »Das ist eine tolle Idee!«

Mit neuem Mut hoppelt Alex zu Bruno und sagt: »Zeig mir deine Pfote. Vielleicht kann ich den Dorn herausziehen.« Der Wolf leckt sich über die Nase und hebt die Pfote an. Sofort sieht Alex den Dorn. Er fasst ihn mit seinen Zähnen und zählt: »Eins, zwei, drei!« Er zieht schon bei zwei, so wie es seine Mama macht, damit es schneller vorbei ist.

Vorsichtig tritt Bruno auf seine Pfote auf und lächelt, sodass seine großen Zähne im Mondlicht aufblitzen. »Ich wünschte nur, ich könnte dir auch irgendwie helfen.«

Aufgeregt hüpft Alex von der einen Seite auf die andere. »O, das könntest du vielleicht. Kannst du meine Familie riechen oder meine Freunde? Ich habe mich verlaufen.«

Bruno beugt sich zu ihm herab und legt die Nase an seinen Nacken, um seinen Geruch tief einzusaugen. Dann nickt er aufgeregt. »Ich kann sie riechen.«

Schnell wie der Blitz schießen Alex und Bruno durch den Schnee. ›Was für eine schöne Idee von der Sternschnuppe, mir einen neuen Freund zu schenken‹, denkt Alex. Bald erkennt er die Umgebung wieder. Sein Zuhause! Er rennt noch schneller, bis er seine Mama und seinen Papa sieht. Er springt direkt in ihre Arme und drückt sie fest an sich. Endlich ist er daheim.

Als sein Papa Bruno entdeckt, lässt er einen Hasenkötel liegen. »Ein Wolf!«

»Bruno ist mein Freund«, sagt Alex schnell. »Er hat mir geholfen, den Heimweg zu finden, und frisst keine Tiere.«

Bruno nickt. »Ja, ich bin ein lieber Wolf.«

 

Nach dem langen Abend sind alle müde. Sie suchen sich einen Platz unter einem Baum, wo Alex am Bauch von Bruno einschläft. Es ist gut, einen Wolf zum Freund zu haben, auch wenn er sich am Anfang vor ihm gefürchtet hat.

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Kommentare: 1
  • #1

    Rainer Holzhauser (Montag, 05 Dezember 2022 07:11)

    Eine zuckersüße, wunderschöne Geschichte liebe Andrea. Du hast es geschafft, dass ich einen Moment alles um mich rum vergessen habe und mit dem Häschen empfunden habe. Und ich freue mich über die Wunscherfüllung durch die Sternschnuppe, bei der das kleine Pelztier einen Freund für´s Leben gefunden hat. Wäre es nur bei den Menschen auch als so leicht. Ich wünsche Dir eine schöne Adventszeit. Pass auf Dich auf ! Gruß aus Mannheim vom Rainer Holzhauser